Der Wickrather Männergesangverein nach 125 Jahren in 1986

Da sich die neuen Tage aus dem Schutt der alten bauen kann ein ungetrübtes Auge Rückwärtsblickend - Vorwärtsschauen             (Friedr. Wilh. Weber 1815-1894)

125 Jahre Wickrather Männergesangverein

Zu einer Zeit, als sich in Deutschland die Wandlung vom Agrar- zum Industriestaat vollzog, fanden sich Männer aus den Reihen des im Jahre 1860 gegründeten Wickrather Turnvereins zusammen, um sich der Pflege des deutschen Liedes zu widmen. Wie aus alten Urkunden zu entnehmen ist, war es am 10. November 1861 als der Verein mit der Unterzeichnung der ersten Satzung durch 31 ehrenwerte Bürger aus der Taufe gehoben wurde. Dank der Treue seiner Mitglieder hat er gute und schlechte Zeiten bis heute überdauert und den Bürgern von Wickrath und darüber hinaus vielen Menschen von nah und fern manche frohe Stunde beschert. Der Chronist verzichtet darauf, den Werdegang des Vereins seit der Gründung darzustellen. Ausführlich wurde dieser vereinsgeschichtliche Abschnitt in der * Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum im Jahre 1961 gewürdigt. Wer diese Schrift durchblättert wird feststellen, wie schnelllebig die Zeit geworden ist. Er wird nachdenklich, wenn er Namen liest, die noch frisch in Erinnerung sind, deren Träger aber längst schon von dieser Erde abberufen wurden. Ein ehrendes Gedenken ist für sie geblieben. Schriftführer Johann Küppers schrieb am 28. Februar 1943 ins Protokollbuch des Vereins u. a.:  "... Möge uns das neue Jahr 1943 den ersehnten Frieden bringen, damit wir in alter Frische wieder dem deutschen Liede dienen können, zum Wohle unseres schönen Wickrath's, und nicht zuletzt zum Wohle unseres geliebten Deutschen Vaterlandes." Was aber sollte sich noch alles ereignen. Fast stündlich erlebte Wickrath die immer härter werdenden Wirkungen des 1. Weltkrieges. Mit dem Einmarsch der fremden Truppen am letzten Tag des Februar 1945 war der Krieg zu Ende aber große Not und Niedergeschlagenheit hatte die Menschen erfaßt. So ist es nicht verwunderlich, wenn die ersten schriftlichen Aufzeichnungen in dem Protokollbuch des Wickrather Männergesangvereins mit dem Bericht über die Generalversammlung am 24. 3. 1946 erst wieder beginnen.

Der damalige Vorsitzende Willi Wolf -1943 war noch Hermann Hoffmann Vorsitzender hat die Versammlung eröffnet. Als Vorstand wurde gewählt:

1. Vorsitzender Willi Wolf

2. Vorsitzender Franz Küppers

1. Kassierer KarI Weyers

2. Kassierer Johann Görtz

1. Schriftführer Johann Küppers

2. Schriftführer Josef Lucas

Hubert Sachsenhausen wurde Notenwart, Wilhelm Lenssen fungierte als Fähnrich. Hubert Sachsenhausen und Hubert Pieper wurden als Beisitzer benannt und schließlich die Herren Thelen, Schiffers, Küppers und Langen als Musikkommission berufen. In Wickrath überließ man sich nicht der Trauer, sondern dachte allseits an einen schnellen Wiederaufbau. Anstelle eines geordneten wirtschaftlichen Gefüges beherrschte der Schwarzmarkt die Szene. Die "Zigaretten-Währung" war ein Begriff. Trotz der widrigen Umstände veranstaltete der Verein am 2. Juni 1946 ein erstes Konzert. Durch die Verpflichtung namhafter Künstler- Namen sind leider nicht benannt - wurde der Abend ein voller Erfolg.

Im gleichen Jahr zum 26. Oktober konnte das 85-jährige Stiftungsjubiläum gefeiert werden. Das Ereignis des Abends war der Auftritt der "6 frohen Sänger" vom Westdeutschen Rundfunk. Mit einem großen Festball am darauf folgenden Sonntag fand die Jubiläumsfeier einen würdigen Abschluß. Es sollte nicht vergessen werden beizufügen, daß die damalige "Marktwährung" der unvergessene "Rübengeist" nicht unwesentlich zum Gelingen des Festes beigetragen hat. Über Einzelheiten in dieser Hinsicht erlaubt sich die Chronik den Mantel der Verschwiegenheit zu decken. In der Generalversammlung am 26. April 1947 trat der Vorsitzende Willi Woiff aus Altersgründen zurück. Man wählte zum 1. Vorsitzenden mit Stimmenmehrheit Josef Lucas und zum 2. Vorsitzenden Franz Küppers.

Trotz anhaltender schlechter wirtschaftlicher Zeiten wurde das Vereinsleben kontinuierlich weitergeführt. So berichtet die Chronik über den 1. und 2. Mai 1947: "Am 1. Mai wirkte unser Verein auf der Veranstaltung der SPD mit. Es wurde der Chor "Waldmorgen" und die Lieder "Spielmannfahrt" und "Heissa zur Linde" gesungen. Am lebhaften Beifall des Publikums erkannten wir, daß unser Gesangvortrag ein voller Erfolg war. Der Vorstand arrangierte für den 2. Mai ein gemütliches Beisammensein mit Festessen. Es gab eine sehr gute Erbsensuppe und belegte Brötchen. Zwischendurch wurden einige Schnäpse serviert ..."

Ein Frühjahrskonzert am 1. Juni unter der Leitung des Dirigenten Hilberath ist ohne weitere Erläuterung erwähnt. Am selben Tag aber hat sich der Vorstand mit Herrn Hilgers aus Odenkirchen als den neuen Dirigenten getroffen. Die erste Probe unter neuem Dirigat wurde auf den 2. Juli festgelegt. An diesem Tage trafen sich zur Probe 57 Sänger und es wurde registriert, daß in kurzer Zeit 20, meist jugendliche Sänger dem Verein beigetreten sind. Inzwischen wurden auch die Traditionen des Vereins wieder aufgenommen. Man präsentierte sich bei festlichen Anlässen der Ortsvereine, besuchte Krankenhaus und Altersheim um mit einem Ständchen die Menschen zu erfreuen. Trotz der Aktivitäten war es notwendig geworden die Sänger des öfteren zu regelmäßiger Probenarbeit zu ermahnen. In der Generalversammlung vom 15. Februar 1948 wurde sogar beschlossen, die Sänger, die zukünftig mehr als dreimal unentschuldigt fehlten, aus dem Verein auszuschließen. Ob es jemals dazu gekommen ist wird nicht vermeldet. Am 2. Mai 1948 fand im Haus Abels ein erfolgreiches Frühjahrskonzert statt bei dem mehrere Solisten mitwirkten.

Geselligkeit wurde im Übrigen groß geschrieben. Das erste Familienfest nach dem Kriege am 22. Mai 1948 im Vereinslokal Abels gilt als besonders gelungen. Mit Volksliedern und Liedern des Doppelquartetts sowie solistischen Einlagen wurde die rechte Atmosphäre für eine Familienfeier erzeugt. Ein besonderes Ereignis wurde schließlich die Teilnahme des Chores am Niederrheinischen Sängerfest vom 28. - 30. August 1948 in Mönchengladbach. Der Auftritt des MGV erfolgte innerhalb der Chorgruppe Franz Hilgers mit 225 Sängern.

Die Generalversammlung am 6. 3. 1949 wählte einen neuen Vorstand, der sich wie folgt zusammensetzte:

1. Vorsitzender Josef Enk

2. Vorsitzender Josef Lucas

1. Schriftführer August Ohlig

2. Schriftführer Johann Küppers

1. Kassierer Karl Weyers

2. Kassierer Heinrich Klöters

1. Notenwart Hubert Pieper

2. Notenwart Hubert Sachsenhausen

Beisitzer Helmut Thomee Beisitzer Paul Jansen Fähnrich Wilhelm Lenßen

Fahnenjunker Willi Sachsenhausen und Hans Schrammen

Zum Vereinslokal wurde das Hotel Abels gewählt.

Die künstlerische Leitung des Vereins blieb in Händen des Dirigenten Franz Hilgers.

Neu festgelegt wurde der Mitgliedsbeitrag und die Kostenanteile für passive Mitglieder. Eine Vergnügungskasse wurde eingerichtet und Sangesbruder Hermann Schmitz mit deren Verwaltung beauftragt. Schließlich befasste man sich mit der Beschaffung eines Vereinsabzeichens.

Unter fast normalen inneren und äußeren Verhältnissen konnte nunmehr der Verein seine Ziele anstreben. Viele Auftritte, auch bei befreundeten Vereinen, sowie der Einsatz für ideelle Zwecke z. B. für den Fond zum Neubau der Kirche verschafften den Sängern viele Freunde und Erfolg. Familienausflüge in die engere Heimat, an den Rhein, die Ahr und Mosel, in die Eifel und den Westerwald knüpften das Band welches die Sängerfamilie zusammenhielt. Durch interne Schwierigkeiten hervorgerufen, fand am 14. November 1951 eine außerordentliche Generalversammlung statt. Um das schwankende Vereinsschiff wieder flott zu machen wählte man einen neuen Vorstand mit Hubert Sachsenhausen als 1. Vorsitzenden, Helmut Thomee als 2. Vorsitzenden und Hermann Froitzheim als Schriftführer. Die Wahl muß neue Anstöße vermittelt haben, wie es das Protokollbuch durch nachfolgenden Passus ausweist:

". . . unter seiner Leitung (gemeint ist der Dirigent) war es eine Freude zu singen. Mit künstlerischem Verantwortungsbewußtsein, mit unendlicher Liebe und Geduld vermittelte er uns in den Proben die Schönheit des Liedes und verstand es, alle Sänger zu besonderen Leistungen anzuspornen. Durch seine Sorgfalt, die keine Nachlässigkeiten zu ließ, machte er unseren Chor zu einem Klangkörper, der sich zum Ersten unserer Gemeinde Zählen darf. Wir wollen hoffen und wünschen, daß er unserem Verein noch lange Jahre künstlerisch vorsteht."

Ein Kuriosum ist aus der Jahreshauptversammlung vom 21. Februar 1953 zu berichten. Es wurde nämlich der jährlich vorzulegende Kassenbericht mit Rücksicht auf "die Wände, die Ohren haben" nicht verlesen, sondern mit Zustimmung der Versammlung zur internen Beratung an den Vorstand überwiesen. Dem Kassierer Hubert Lasseur wurde trotzdem Entlastung erteilt und zudem mit hohem Lob bedacht. Fürwahr ein Meister seines Faches.

Eine ernste Erschütterung hinterließ im April 1953 der plötzliche Rücktritt des Chorleiters Franz Hilgers. Durch intensive Bemühungen des Vorstandes konnte die entstandene Lücke jedoch schnell behoben werden, so daß sich die tiefgreifende Unruhe im Rahmen halten ließ. Als Nachfolger wurde Herr Winfried Erkens aus Rheydt gefunden, der 10 Jahre lang den Chor mit großem Erfolg leiten sollte.

Mit dem jungen Dirigenten erlebte der Chor eine erfreuliche Fortentwicklung und hat bei seinen zahlreichen Auftritten in der Gemeinde Wickrath musikalische Akzente gesetzt. Trotzdem zeigten sich innerhalb des Vereins immer wieder entstandene Querelen, die aber durch rechtzeitige Ermahnungen an die Sänger und mit dem Hinweis auf die Tradition des Vereins in Grenzen gehalten werden konnten.

Im Juni 1955 gab es einen Wechsel im Amt des 1. Vorsitzenden. Hubert Sachsenhausen trat zurück und Hermann Froitzheim übernahm dieses Amt. Im Oktober des gleichen Jahres gab der 1. Kassierer Hubert Lasseur sein Amt auf. Es wurde von Fritz Weyers weitergeführt. In der Generalversammlung vom 19. 2. 1956 wurde dieser Wechsel bestätigt.

Zum besonderen Ereignis für den Verein wurde das Konzert am Samstag, dem 31. März 1957. Das Protokoll berichtet: "Als Mitwirkende waren das Horn-Quartett der Oper am Rhein sowie Frau Scheil am Flügel verpflichtet. In dankenswerterweise hatte uns der Kirchenchor seinen wertvollen Flügel zur Verfügung gestellt. Wir können wohl mit Stolz sagen, daß dieses eines unserer besten Konzerte nach dem Kriege war..."

Wie nah Glück und Leid beieinander liegen zeigt der plötzliche Tod des Sangesbruders Johann Küppers. Noch am Vorabend guter Dinge in fröhlicher Sängerrunde ereilte ihn frühmorgens der Tod auf seiner Arbeitsstelle. Der Chronist schreibt: "Wir verloren in unserem "kleinen Johann" einen guten Freund. Wir werden sein Andenken ehren."

Ab 1959 übernahm Josef Enk den Posten des 1. Vorsitzenden, dessen Hauptaufgabe es sein sollte das im Jahre 1961 anstehende 100-jährige Vereinsjubiläum zu planen und vorzubereiten. Es wurde gleichzeitig festgelegt, daß in zukünftigen Jahresberichten alle aktiven Sänger namentlich in das Protokoll einzutragen seien.

Ende 1959 entstand folgende Namensliste:

1. Tenor: Josef Enk, Heinz Körfer, Albert Allwicher, Werner Lischewski, Anton Ciupa, Heinz Pillen

2. Tenor: Johann Kellers, Hans-Willi Klemens, Karl Klemens, Franz Wolters, Heinrich Binsfeld, Sebastian Schiffer

1. Bass: Klaus Borowi, Hermann Froitzheim, Willi Schmitz, Josef Esser, Franz Krapohl, Paul Jansen, Dieter Müsch, Helmut Beckers, Willi Broicher, Willi Holzschneider

2. Bass: Wilhelm Lenßen, Hubert Pieper, Fritz Weyers, Helmut Thomee, Hans Georg Borowi, Günter Bähren, Heinz Wilms

Mit der Wiederwahl des gesamten Vorstandes in der Generalversammlung im Januar 1960 wurden besonders die Leistungen des Hauses Abels dem Verein gegenüber gewürdigt. Es wurde festgestellt, dass Abels seit 33 Jahren als Probelokal zur Verfügung steht und dem Verein auch nicht eine einzige Mark an Kosten abverlangt worden sind. Mit herzlichem Dank und viel Beifall wurde diese großzügige Geste bedacht. Man hat damals nicht ahnen können, daß der gesamte Gebäudekomplex eines Tages an die Stadt Mönchengladbach verkauft würde und die ganze Herrlichkeit unter dem Vorwand notwendiger Ortssanierung abgerissen werden würde. Die Vereinsarbeit war nun ganz auf das 100-jährige Jubiläum im Jahre 1961 ausgerichtet. Dank der intensiven Bemühungen des gesamten Vorstandes, des Dirigenten, des Festausschusses und aller alten und neuen Sänger wurde das Fest zum Ereignis nicht nur für den Verein, sondern auch für den ganzen Ort Wickrath. Gefeiert wurde am 14./15. Oktober 1961. Die Programmfolge, Kriterien und Kommentare über den Erfolg des abgehaltenen Festes wiederzugeben würde den Rahmen dieser Abhandlung sprengen. Es war eine Sternstunde des Vereins. Das zweite Jahrhundert begann der Wickrather Männergesangverein mit der Generalversammlung am 14. Januar 1962. Der Vorsitzende Josef Enk dankte nochmals allen für die Arbeit die im Jubiläumsjahr geleistet worden ist. Der Alterspräsident und Ehrenvorsitzende Willi Woiff richtete besonderen Dank an den Dirigenten und Vorstand, ermahnte aber gleichzeitig die aktiven Sänger, weiterhin dem Verein die Treue zu halten. Hatte man gehofft, daß das vergangene Jubiläum auf die zukünftige Arbeit des Vereins positive Wirkung zeigen würde, sah die Vereinsführung sich u. a. auf Grund der mangelhaft besuchten Probenabende enttäuscht. Das Protokollbuch vermeldet:

"Zunächst mußte unser Chorleiter für einige Monate in Kur, um seine angegriffene Gesundheit wiederherzustellen. Er hatte zwar für diese Zeit einen Ersatzdirigenten, Herrn Siebmanns aus Mönchengladbach besorgt, aber der Probenbesuch wurde aus mancherlei Gründen so schlecht, daß von einer echten Arbeit überhaupt keine Rede mehr sein konnte, obwohl Herr Siebmanns sich alle Mühe mit uns gab."

Bereits gegebene Zusagen zur Teilnahme an Sängerfesten anderer Vereine konnten nicht mehr eingehalten werden.

Im Juni 1962 legte Herr Erkens auf Anraten seines Arztes das Amt des Chorleiters nieder. Herr Horst Schmalohr aus Mönchengladbach wurde neuer Dirigent und bereitete ein Gemeinschaftskonzert mit dem Kirchenchor Cäcilia Wickrath und dem Werkschor der Wickrather Lederfabrik für den Mai 1963 vor. Das vorgesehene Konzert fand dann durch die Auflösung des Werkschores der Wickrather Lederfabrik doch nicht statt.

1963 stellte sich Sangesbruder Hermann Froitzheim nicht mehr für die Wahl zum 1. Vorsitzenden. Berufliche Gründe und die Übernahme eines öffentlichen Ehrenamtes ließen ihm keine Zeit mehr. 1. Vorsitzender wurde Heinz Körfer. Zum 2. Vorsitzenden wählte der Chor Günter Bähren. Trauer trug der Chor in den Jahren 64/65 gleich mehrfach. Der Ehrenvorsitzende Willi Woiff verstarb im Sommer 1964. Im April 1965 wurde Ehrenmitglied Heinrich Binsfeld sen. und im September Ehrenmitglied Wilhelm Lenßen zu Grabe getragen. Im November verstarb der hochverehrte Vereinswirt Theo Abels sen. Der Toten wurde in würdiger ehrenwerter Weise gedacht. Im Frühjahr 1967 übernahm Herr Walter Schrey, Musiklehrer an der Realschule Wickrath, die Chorleitung.

Trotz der geschrumpften Sängerschar, man zählte zu der Zeit ca. 20, wurden recht gute Leistungen erreicht. Gerade unter der Leitung von Walter Schrey probte der Chor eine bis dahin unbekannte Anzahl schöner Chorlieder ein.

Man bereitete sich auf das 110-jährige Vereinsjubiläum vor. Ein erster Auftritt unter dem Dirigat Walter Schrey war beim Bezirkssingen am 8.11.1970, dessen Ausrichtung der MGV Wickrath übernommen hatte.

Der Besuch des Konzertes war ausgezeichnet und hatte gutes Niveau. 11 Chöre des Kreises Grevenbroich nahmen daran teil.

Im Jahre 1968 nahmen die Sänger Abschied von Josef Enk, der den Chor als Vorsitzender über schwierige Zeiten hinweg geholfen hatte. Das Vereinsleben ging weiter.

Für das nun anstehende 110-jährige Vereinsjubiläum lagen Zusagen des Rheydter Kammerchores und des Orchestervereins Rheydt vor. Der Chronist berichtet:

"Das Konzert wurde zu einem glanzvollen, kulturellen Erlebnis für die zahlreichen Zuhörer, die den Saal füllten. Sinfonische Werke des Orchesters, alte Madrigale des Kammerchores und moderne Sätze unseres Chores, abgestimmt durch unseren Chorleiter Walter Schrey, wurden zu einer schönen harmonischen Einheit, die mit Begeisterung aufgenommen wurde."

Eine Gelegenheit, die zum Jubiläum eingeübten Sätze für Männerchor nochmals in der Öffentlichkeit vorzutragen, bot das Herbstkonzert des Männergesangvereins Eintracht Beckrath. Auch hier konnte der Chor mit seinem Dirigenten Walter Schrey viel Beifall ernten. Unter dem Vorsitz von Heinz Körfer, der inzwischen dieses Amt 10 Jahre ausfüllte, ging es in das nächste Jahrzehnt. Das Vereinsleben gestaltete sich sehr rege, wobei auch die Verbundenheit mit den Angehörigen der Sänger durch gemeinsame Ausflüge und Familienfeste gepflegt wurde. Ebenso intensiv wurde um neue Sänger geworben. Zum Ende des Jahres 1973 war der Chor auf 29 Sänger angewachsen.

Am 6. Februar 1973 wurde die verehrte Seniorchefin des Hauses Abels unter großem Geleit zu Grabe getragen. Sie war die Seele des Hauses über viele Jahre und dem Männergesangverein besonders zugetan. Der Tod wurde aufrichtigen Herzens betrauert.

Ein Verein, der 125 Jahre besteht, hat zwangsläufig auch eine wechselvolle Geschichte. Vereinsjubiläen, persönliche Gedenktage und Familienfeiern, grüne und goldene Hochzeiten, Geburten und Tod, Erfolge und Mißerfolge begleiten ihn auf seinem Weg durch die Zeit. Kommunale und große politische Ereignisse sind nicht ohne Einwirkung, der Zeitgeist beherrscht des öfteren die Szene. Doch immer wieder ist es das Lied das neue Kraft gibt und Brücken schlägt über die Zeit heimatlicher Geschichte.

Die Jahreshauptversammlung am 24. 1. 1976 bot zum Feiern besonderen Anlaß. Der registrierte 50 Jahre Probelokal Abels. Vorsitzender Körfer bedankte sich in aller Namen beim Juniorchef "Theolein" und seiner Frau Hilde für die vielen Jahre gebotener Gastfreundschaft. Einzelheiten über den Ablauf der sich anschließenden Feier hat sich das Protokoll versagt. Leider.

Der Tag sollte aber nicht ungetrübt bleiben, denn am gleichen Tag erklärte der Dirigent Walter Schrey aus Krankheitsgründen seinen Rücktritt. Er hatte den Chor 10 Jahre erfolgreich geleitet. Wieviel Enttäuschung diese Mitteilung im Verein hinterlassen hat ist nicht berichtet. Es ist lediglich hinterlassen, daß Herr Michael Hütz aus Odenkirchen das Amt übernommen hat. Die erste große Aufgabe des Chores unter neuer Leitung war das am 5. 11. 1977 stattfindende Chorkonzert zusammen mit dem Kirchenchor "Cäcilia" Wickrath in der Pfarrkirche St. Antonius. Mit großem Erfolg wurden ausschließlich Werke von Franz Schubert vorgetragen.

Im Dezember 1977 stand der Wickrather Männergesangverein vor einem neuen ernsten Problem. Das Haus Abels, daß dem Verein 52 Jahre lang als Probelokal zur Verfügung gestanden hatte, wurde von der Stadt Mönchengladbach angekauft und soll im Rahmen einer Ortssanierung abgerissen werden. Eine außerordentliche Generalversammlung am 14. 12. 1977 entschied die Chorproben zukünftig im Hotel Frambach an der Beckrather Straße durchzuführen. Die letzte Probe im Haus Abels fand am 28. 12. 1977 statt. Der Abschied soll ein rauschendes Fest gewesen sein. Trotzdem, jammerschade.

Die erste Chorprobe im neuen Lokal fand am 14. Januar 1978 statt. Der Umzug war ohne jeden Schaden für den Chor vonstatten gegangen. Auch besaß der Verein jetzt ein Klavier, das vom Haus Abels noch preiswert erworben worden war. Neue und frohe Erlebnisse, ob mit oder ohne Angehörige, festigten immer wieder das Zusammenhörigkeitsgefühl unter den Sängern und damit die Verantwortung für den Verein.

Die folgenden Jahre brachten einschneidende personelle Veränderungen. Fast schon kann von einem Generationswechsel gesprochen werden. Zunächst schied Fritz Weyers aus seiner Funktion als Kassierer aus. Über 26 Jahre hatte er dieses Amt inne und mit viel Fleiß und einer notwendigen Portion Sturheit, die nun einmal ein Kassierer besitzen muß, die finanzielle Basis des Vereins gesund erhalten. Der Verein dankte ihm durch die Ernennung zum Ehrenmitglied. Josef Esser legte sein Amt als 1. Schriftführer nach 20-jährigerTätigkeit durch Krankheit nieder. Auch ihm ist vieles zu verdanken. Wenig später kündigte Chorleiter Hütz seinen Rücktritt aus Gesundheitsgründen an. Ihm folgte Hans Dieter Klein, dessen Tätigkeit als Chorleiter aber nicht von langer Dauer war. Um die entstandene Misere zu beheben sprang Chorleiter Michael Hütz noch einmal in die Bresche, doch zwang ihn ein Herzinfarkt den Taktstock endgültig niederzulegen. Die erwiesene Treue wurde durch die Verleihung des Titels "Ehrenchorleiter" gedankt.

Da für den 7. 11. 1981 die Teilnahme des Chores an einem Konzert in der Wickrather Mehrzweckhalle zugesagt worden war, geriet der Verein in arge Bedrängnis. Durch Vermittlung konnte aber wenigstens bis zum Fest der Chorleiter des Kirchenchores " Cäcilia " Wickrath, Herr Karl Raas, gewonnen werden. Unter seiner Leitung wurde mit großem Fleiß geprobt und das versprochene Konzert konnte gerettet werden.

Im Dezember 1981 legte Heinz Körfer das Amt des 1. Vorsitzenden nieder und schied gleichzeitig aus dem Chor aus. Die Bemühungen einiger Mitglieder den Entschluß rückgängig zu machen schlugen fehl. 23 Jahre hatte er den Verein geleitet und Erfolg und Mißerfolg mitgetragen. Er hinterließ einige Ratlosigkeit. Es war die Hauptaufgabe der Generalversammlung am 6. März 1982 mit der durch den Rücktritt von Heinz Körfer entstandenen Situation fertig zu werden. Die Mitglieder waren sich ihrer Verantwortung bewußt und wickelten die anstehenden Neuwahlen reibungslos ab. Neuer 1. Vorsitzender wurde Josef Kempis. Sein Vertreter und damit 2. Vorsitzender wurde Heinz Pillen. Schriftführer wurden die Herren Heinz Theo Rütten und H. W. Klemens, Kassierer die Sänger Norbert Vergin und Dieter Kaumanns. Zu Beisitzern wählte man Fritz Weyers und Hermann Reiber. Die übrigen Funktionen im Vorstand konnten ebenfalls, soweit erforderlich, neu besetzt werden. Die noch vakante Stelle des Chorleiters wurde dankenswerterweise nochmals von Herrn Karl Raas übernommen.

Mit großer Erleichterung konnte der Verein nunmehr seine Arbeit fortsetzen. Die Folgezeit zeigte, daß mit der getroffenen Umbesetzung des Vorstandes das schlingernde Vereinsschiff in ruhige Gewässer bugsiert war.

Der Chor selbst kam auch im Hinblick auf die werbende Wirkung mit Sorgfalt den turnusgemäßen Verpflichtungen nach, sei es zur Freude der Menschen im Altersheim und Krankenhaus, bei Jubiläen und Goldhochzeiten.

Inzwischen hatte der Verein in der Person des Herrn Gerd Faßbender auch einen neuen Chorleiter gefunden. Die Chorstärke wuchs wieder auf 30 Sänger an und konnte sich bei vielen Veranstaltungen den Beifall des zuhörenden Publikums ersingen. Hervorzuheben sind hier das Gemeinschaftssingen mit dem Eltern/Lehrer-Chor des Hugo-Junkers-Gymnasium in der evangelischen Hauptkirche in Rheydt, sowie der Auftritt beim Fest "Goldener Herbst" des Heimat- und Verkehrsvereins Wickrath im Oktober dieses Jahres.

Die Besonderheit der Tagesordnung zur Generalversammlung im März 1984 war der Punkt: "Jubiläum 1986 - Gründung von Arbeitskreisen". Weniger erfreulich war die Rücktrittserklärung des 1. Vorsitzenden Josef Kempis, dessen Gesundheit in letzter Zeit stark angegriffen war und dadurch viele Chorproben versäumen mußte. Mit den Worten: "Nur ein gesunder Vorsitzender kann dem Chor dienen" begründete er seinen Schritt, der schließlich widerspruchslos respektiert wurde. Die Nachfolge wurde nach einstimmiger Wahl von Donat Kirchhoven angetreten. Für 1984 entwickelte man ein vielfältiges Programm. Veranstaltungen geselliger und kultureller Art wechseln sich ab. Geburtstagsständchen, Kameradschaftsabende und der schon traditionelle Karnevalsabend sind feste Begriffe geworden. Ein wichtiger Termin war die Einladung des Grenzland-Sängerkreises zu einem Auftritt in der neuerbauten Stadthalle in Rheydt. Der Chronist schreibt:

"Wird auch ein kleiner Gesangverein anschließend in der Presse nicht so gewürdigt, so war der Beifall der Zuhörer mehr als nur ein Anstandsklatschen. Wir konnten zu Recht stolz auf unsere Leistung mit unserem Chorleiter Gerd Faßbender sein." Damit schließt sich der Kreis im Leben und Wirken des Wickrather Männergesangvereins dessen jüngste Geschichte zu schildern einer neuen Generation vorbehalten bleiben soll. Bleibt dem Chronisten zu bekennen, daß die Rückschau über Höhen und Tiefen eines 125-jährigen Vereinslebens einen nachhaltigen berührenden Eindruck hinterlassen hat, in zuversichtlicher Hoffnung, daß auch die Nachfahren in gleicher Weise wie ihre Vorbilder bestehen werden.

Hermann Froitzheim